„Wenn du nach einer verschollenen Person suchst, könnte man da mal suchen.“ Der Ort, der in diesem Zitat angedeutet wird, heißt „Pomona“. Ein „Niemandsland“, umgeben von der englischen Metropole Manchester – eine abgelegene Insel aus Beton im Zentrum einer Großstadt. Ein Ort, den die Menschen mit Schrecken und Angst assoziieren. Hier enden alle Wege und münden in Alpträume.
Keiner weiß genau, was dort geschieht. Nicht einmal der Eigentümer dieses Ortes, der reiche Immobilienmakler Zeppo, möchte zu genau wissen, welche Geschäfte dort getätigt werden. Er bleibt auch kühl und distanziert, als ihn das Mädchen Ollie aufsucht. Sie ist die zentrale Person des Stückes und die verzweifelte Suche nach ihrer verschollenen Zwillingsschwester bildet den Rahmen der Handlung. Man hatte ihr gesagt, sie solle bei Zeppo nachfragen, doch dieser macht lediglich vage Andeutungen, dass Pomona immer wieder mit dem Verschwinden von Menschen in Verbindung gebracht werde. Nach und nach lernt der Zuschauer weitere Charaktere kennen, die Pomona bevölkern. Die Handlung wird episodisch und nicht chronologisch erzählt, sodass sich die Identität dieser urbanen Hölle nur langsam entfaltet. Durch drehbare quadratische Elemente werden Szenenwechsel deutlich gemacht. Diese eigentlich simple Methode hat eine große Wirkung und macht das Stück gerade so einzigartig. Es wird minimalistisch gearbeitet. Die Grundstimmung ist pessimistisch; Einflüsse aus den Genres „Horror“ und „Science Fiction“ sind deutlich erkennbar. Alistair McDowall war 27 Jahre alt, als sein Stück 2014 im „The Gate Theatre“ in London Premiere hatte. Die Kritiker waren begeistert. Für die Uraufführung der deutschen Übersetzung 2016 im „Studio Werkhaus“ Mannheim schuf man eine ganz besondere Atmosphäre. Ein kleiner bestuhlter Raum von ca. 60 Plätzen ließ den Zuschauer das Geschehen quasi hautnah miterleben. Im weiteren Verlauf der Handlung vermischt sich Ollies Suche mit dem Rollenspiel „Dungeons and Dragons“, welches von zwei Bewohnern gespielt wird. Man hat dabei förmlich das Gefühl mitzuspielen. Das Rollenspiel erzählt ebenso vom Verschwinden einer Schwester und der Zuschauer kann schnell Parallelen zwischen der Handlung im Spiel und der fiktiven Geschichte feststellen. Bisweilen fragt man sich sogar, ob Ollies Schwester überhaupt existiert. Rätselhaft bleibt zunächst auch die einzige Straße, die durch Pomona führt und auf der nur manchmal ein Transporter fährt. Fay arbeitet als Prostituierte in einem bizarren Bordell. Sie stellt sich ebenfalls die Frage, was sich wohl in Pomona abspielt, da wiederholt Kolleginnen spurlos verschwinden. Auch die von Ollie gesuchte Zwillingsschwester arbeitet in diesem Bordell. Als sie eines Tages offenbar misshandelt und blutend erscheint, ist Fay besorgt. Am Tag darauf verschwindet sie. Die Handlung wird immer dichter und drängt nach der Auflösung. Auf ihrer Suche nach Ollies Zwillingsschwester findet Fay den Schlüssel zu den Geheimnissen um Pomona auf dem Laptop ihrer Chefin Gale. Auf ihm sind medizinische Daten über alle Prostituierte gespeichert. In der Folge sieht der Zuschauer Ollies Zwillingsschwester im unterirdischen Hospital von Pomona. Hier werden die entführten Frauen als Leihmütter missbraucht, indem ihnen Embryonen eingesetzt werden. Ist ihr Körper von mehreren Zwangsschwangerschaften ausgelaugt und wertlos geworden, werden ihnen die Organe entnommen. Die bereits erwähnten Transporter bringen die Organe schließlich weg. Das Spiel entlässt den Zuschauer verstört und aufgewühlt, aber auch ratlos; denn das anfangs eher gut verständliche Stück entwickelt sich zu einer bisweilen unübersichtlichen Szenenfolge. So muss man die Handlung zunächst noch einmal für sich sortieren. Die Einzelteile fügen sich dabei zu einem beklemmenden Szenario über Organhandel und Zwangsschwangerschaften zusammen. Das sind die Motive, aus denen Alistair McDowall seinen Thriller „Pomona“ formt. Ein sehenswertes Stück mit einer überragenden schauspielerischen Leistung des gesamten Ensembles! Svenja Franke, MSS 12
|
|