MY WAY – Eine fast unglaubliche Geschichte

Zeitzeugengespräch mit Saeid Fasihi

Das Zeitzeugengespräch mit Herrn Saeid Fasihi am 8. Juli war der Höhepunkt und Abschluss unseres Projekts MY WAY. Die ca. 20-köpfigen Zuhörerschaft (Mitglieder der Zeitzeugen-AG Tacheles sowie der 12er Geschichtsleistungskurs von Frau Langhans-Glatt und der 11er LK Deutsch von Frau Klähn-Stasek) war sehr gespannt auf seine Erzählungen.

Der Weg in die zweite Heimat

Saeid Fasihi musste sein Heimatland, den Iran, vor 36 Jahren verlassen; als junger Student hatte er gegen das menschenverachtende Regime des Ayatollah Khomeini protestiert und musste, um sein Leben zu retten, flüchten. Zu unserem besseren Verständnis gab uns Herr Fasihi zuerst einen kurzen Überblick über die sehr wechselhafte Geschichte des Iran. Er erläuterte die Gründe für die Islamische Revolution 1979 unter dem neuen Machthaber und den Sturz des bis dahin herrschenden Schahs Reza Pahlavi.

Erfolgsgeschichte

Fasihis Lebensgeschichte ist schier unglaublich. Nach seiner Flucht nach Deutschland schlug er sich zunächst finanziell als Künstler und Karikaturist durch, arbeitete in einer Fabrik und lernte dabei eifrig deutsch. V.a. über die Malerei kam er mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Aufgrund seiner Aufgeschlossenheit und Offenheit hatte er keine großen Schwierigkeiten, sich in seiner neuen Heimat einzuleben. Von Anfang war er beeindruckt vom Leben in einer sichtbaren pluralistischen Gesellschaft, wie sie im Iran bis heute nicht geduldet ist.  Manchmal, so erzählte er, setzte er sich in die Heidelberger Fußgängerzone um „Menschen zu gucken“; Menschen mit ganz unterschiedlichem Stil und Aussehen. Diese Vielfalt bedeutet ihm sehr viel. An Deutschland, so sagt er, schätzt er außerdem die vergleichsweise gute Organisation im öffentlichen Alltag. Ein Beispiel: Bevor er hierher kam, kannte er so etwas wie einen Busfahrplan gar nicht!

Herr Fasihis Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte: Heute ist der studierte Wirtschaftsinformatiker Firmenchef eines IT-Unternehmens; nebenbei ist er auch glücklicher Obstanbauer und Schnapsbrenner.

Menschenfreundliche Kultur

Die Frage, ob er wieder zurück in den Iran möchte, verneint Herr Fasihi, der aber per Facetime regelmäßig in Kontakt zu seiner noch immer dort lebenden Schwester hält. Er ist top-informiert über sein Heimatland und verfolgt weiterhin kritisch die dortigen Geschehnisse und Entwicklungen. Er betont dabei die überaus „menschfreundliche Kultur“ des Iran und wünscht sich sehnlichst, dass sich die Verhältnisse, v.a. was die Stellung der Frauen angeht, bald ändern. Die klare Trennung von Staat und Religion hält er dabei für unabdingbar.

Fasihi ist von der weltgeschichtlichen Bedeutung der Situation im Iran überzeugt: die längst überfällige Änderung im Iran hätte auch Einfluss auf die Entwicklung in Europa und den USA.

Diskussion gegen Gewalt

Das ist bis heute sein Motto und gleichzeitig sein Appell an uns Zuhörende. Solange diskutiert werde, solange Meinungen ausgetauscht, manchmal mitunter aufeinanderprallen würden, so lange könne Gewalt verhindert werden.

Geschichte – ganz nah

Die Schilderungen unseres Zeitzeugen waren hochinteressant und spannend, zeigten sie doch die enge Verknüpfung seiner eigenen Lebensgeschichte mit der Geschichte seines Landes. Interessant war das Zeitzeugengespräch es auch deshalb, weil persische Geschichte des 20. Jahrhunderts im normalen Geschichtsunterricht nur eine Nebenrolle spielt.

Die Erfahrungen, die Herr Fasihi in seinem Leben machte, zeigen uns nicht zuletzt, dafür umso eindrücklicher, wie wichtig es ist, sich für ein demokratisches Miteinander stark zu machen. Sein Humor und seine positive Einstellung waren ansteckend und inspirierend! DANKE!