Der Frankenthaler Friedensbaum

Der historische Kontext zum Denkmal

Einweihung des Denkmals am 4.6.2025 (zum Bericht)

Frieden, Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit. Es sind Werte und Errungenschaften, die erst nach und nach Realität wurden und die zu bewahren unser aller Aufgabe ist. Der Weg dorthin ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Umbrüchen und Kriegen. Manchmal ist der Weg zur Überwindung von Gewalt auch durch Gewalt oder zumindest die Androhung von Gewalt geprägt – so paradox dies erscheinen mag. Der Zweite Weltkrieg oder der Kalte Krieg sind hierfür eindrückliche Beispiele. Oft entwickeln sich die Geschehnisse auch gewaltsamer als es die Ideengeber wollten oder ahnen konnten. Die Geschichte der Stadt Frankenthal kann als ein Beispiel dafür genommen werden, wie verworren der Weg hin zu Frieden, Freiheit und Demokratie war – bis zu einem in Europa eingebetteten Deutschland.

 

 

Im Spätmittelalter spitzten sich die sozialen Spannungen zwischen der bäuerlichen Landbevölkerung und den adeligen Herren immer weiter zu. Daraus entstand 1525 der sogenannte Bauernkrieg. In dessen Verlauf wurde das Kloster Großfrankenthal von einem Bauernhaufen unter der Führung des Dirmsteiners Erasmus von der Hauben geplündert und niedergebrannt. Geflohenen Mönchen gelang etwas später der Wiederaufbau des Klosters.

 

Die „Revolution des gemeinen Mannes“ wie der Historiker Peter Blickle den Bauernkrieg nannte, entwickelte sich aus den zunehmenden sozialen Spannungen im späten Mittelalter. Die Abhängigkeit der Bauern von ihren Grundherren wuchs. Wald- und Wasserrechte der Bauern wurden zunehmend eingeschränkt. Die Feudalherrschaft geriet immer mehr unter Druck als wirtschaftliche Krisen hinzukamen, jedoch die Abgaben und Arbeitslasten gleichblieben. Die Reformation begann die mittelalterliche Ordnung in Frage zu stellen und verlieh dem Wunsch auch deutlicher gesellschaftlicher Veränderung zusätzliche Triebkraft.

 Im Sommer 1524 begann der Aufruhr in Süd- und Mitteldeutschland und entwickelte sich bald zu einem regelrechten Krieg gegen die Obrigkeit, wobei sich auch vielerorts zumeist niedere Adelige den Aufständen anschlossen oder als Anführer der Bauernhaufen wirkten. Auf die Pfalz griff der Bauernkrieg erst relativ spät über.

Im April 1525 begann in Nussdorf bei Landau der Bauernkrieg in der Pfalz. Schwerpunkte des Aufstandes waren das Hochstift Speyer, Bockenheim und die Gegend um Worms, später auch Kaiserslautern und Alzey. Kurfürst Ludwig V. verschaffte sich in Mai wurden einen Waffenstillstand mit den Bauern Luft, die er nutzte um die rechtrheinischen Aufstände niederzuschlagen. Im Juni zerschlugen die fürstlichen Landsknechte in der Schlacht bei Pfeddersheim die linksrheinischen Bauernhaufen. Damit war der Bauernkrieg in der Pfalz beendet.

Frankenthal, dass zu dieser Zeit noch keine Stadt war sondern ein Siedlungsort um die beiden Klöster Groß-Frankenthal und Klein-Frankenthal. Die Augustiner Chorherren, deren Kloster Groß-Frankenthal von Erkenbert begründet worden war, wurden im Mai Ziel der aufständischen Bauern. In einer Wormser Quelle heißt es dazu:

„Am 12. Mai kam Erasmus von der Hauben aus Dirmstein mit einer großen Schar Bauern teils aus Dirmstein, teils aus der Nachbarschaft um Mitternacht zum Zwecke der Plünderung mit seinen Spießgesellen nach Groß-Frankenthal bei stürmischem Wetter heimlich wie ein Dieb gezogen. Sie zerstörten daselbst in der Kirche die Altäre, schlugen im Kloster die Fenster ein, erbrachen die Türen, zogen die Wagen davon, trieben die Klosterbrüder weg samt dem berühmten Speyrer Prediger Doctor Friedrich, der zufällig ins Kloster gekommen war, und verwüsteten das ganze Kloster. Zur Ausführung dieser Schandtat hatten sich ihnen einige Wormser zugesellt, die sich bei dieser Gelegenheit mit ungerechtem Gut bereicherten.“

Das 1539 in kurpfälzischen Besitz gekommene Kloster geriet durch die Reformation zunehmend unter Druck. Öffentliche katholische Gottesdienste wurden verboten, Klostereigentum wie die kostbare Bibliothek durch den Kurfürsten gestohlen. 1562 wurde das Kloster Großfrankenthal aufgelöst und die letzten Mönche und Bewohner vertrieben.

 

Klöster waren im Mittelalter geistige, wirtschaftliche und oft auch kulturelle und wissenschaftliche Zentren. Das Kloster Groß-Frankenthal zeichnete sich vor allem durch eine besonders umfangreiche und überraschend modern anmutende Bibliothek aus. Ein sehr großer Teil der Bücher entstand im eigenen Scriptorium.

Natürlich fand man dort die Texte aus der Heiligen Schrift und die der Kirchenväter – entsprechend einem Kloster der Augustiner Chorherren überwiegen hier Augustinustexte. Daneben finden sich Werke von namhaften Theologen wie Rhabanus Maurus, Albertus Magnus und Thomas von Aquin. Heiligendarstellungen, kirchenrechtliche Abhandlungen von Päpsten und der Konzilien finden sich ebenso wie Schriften Heidelberger Professoren, wodurch die engen geistigen Beziehungen zu der dortigen Universität deutlich werden. Lateinische Grammatiken dienten nicht zuletzt dem Unterricht in der Stiftsschule.

Aber auch politische und historische Werke der Zeit finden sich dort ebenso wie naturwissenschaftliche Abhandlungen zu den Planetenbahnen und Mondphasen.

Die Klosterbibliothek verfügte, um ihren reichhaltigen Bestand nutzbar zu machen über ein sehr modern anmutendes Ordnungssystem, dass nach Verfassern und Stoffgebiet strukturiert war und über die Farben des Einbandes – weiß, schwarz und rotbraun – sowie Buchstaben und Zahl die Bücher zuordnete.

Vor allem in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erlebte die Klosterbibliothek Blütephasen.

Durch die Reformation geriet das Kloster unter Druck. Das Lesen der katholischen Messe durfte alsbald im Territorium der Kurpfalz nicht mehr öffentlich stattfinden. Der Wechsel vom Luthertum zum Calvinismus verstärkte den Druck weiter.

1562 lud Kurfürst Friedrich III. niederländische Exulanten calvinistischen Glaubens um Pieter Dathen – latinisiert Petrus Dathenus – ein sich in Frankenthal niederzulassen. Im Juni landeten 58 Familien am Altrhein bei Roxheim und zogen weiter nach Frankenthal, wo ihnen die Gebäude des Stifts Groß-Frankenthal übergeben wurde.

„Sicher nicht freiwillig zogen sich die letzten Bewohner Groß-Frankenthals nach Klein-Frankenthal zurück“ – urteilte dazu der Frankenthaler Historiker Volker Christmann.

Der letzte Chorherr erklärte 1564 seinen Verzicht auf den Besitz des Stiftes. Der letzte Prior, Johann von Andernach, lebte vermutlich bis zu seinem Tode 1586 in Klein-Frankenthal, wo sein Grab bei dem Neubau des Karolinen-Gymnasiums gefunden wurde.

Aus der Neuansiedlung der niederländischen Calvinisten erwuchs alsbald die sehr geschäftige Siedlung, die zur Stadt Frankenthal wurde.

Die mittelalterliche Welt der Klöster hatte sich durch die Reformation unabänderlich gewandelt. Vieles ist dabei verloren gegangen. Die Bestände der Groß-Frankenthaler Bibliothek waren bereits vor Ende des Klosters teilweise in den Besitz des Kurfürsten gelangt. Als Bestandteil der Biblioteca Palatina kamen sie dann in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges 1623 in Teilen nach Rom in die Biblioteca Apostolica Vaticana. Die berühmte Frankenthaler Bibel fand ihren Weg im 18. Jahrhundert nach England, wo sie heute in der British Library ist.

Ganz entgegen der überragenden kulturellen Bedeutung des Klosters Groß-Frankenthal urteilte das 19. Jahrhundert ganz im Sinne der schwarzen Legende eines finsteren Mittelalters. Christmann zitiert eine Quelle von 1867 in der es zu den Klöstern Groß- und Kleinfrankenthal heißt:

 

Die Geschichte beider bietet durchaus nichts Bemerkenswertes dar, wie dies (…) bei den meisten Klöstern der Fall ist, indem von der geistigen Wirksamkeit ihrer Bewohner keine Kunde auf unsere Zeiten gekommen ist.“

So wie die Reformation die Grundlage für viele bedeutsame Entwicklungen legte, so war sie doch auch Zerstörer für eine blühende kulturelle Welt.

Die dramatische Bedeutung, die religiöse Fragen entwickeln können, wenn sie sich mit politischen Verhältnissen verweben, wird für die Europäer vor allem im 16. und 17. Jahrhundert deutlich werden.

Den neuangesiedelten, zunächst vor allem reformierten, Bewohnern gelang die Entwicklung einer prosperierenden Stadt. Diese Entwicklung fand durch den Dreißigjährigen Krieg, der von 1618 bis 1648 tobte, ein schreckliches Ende. Die Stadt wurde durch Kampfhandlungen und wechselnde Besatzungen fast völlig entvölkert. Übrig blieb eine kleine, ruinierte Ansiedlung.

 

Zwar hatte der Augsburger Religionsfrieden von 1555 zwischen den katholischen und lutherischen Reichsständen für einen stabilen Kompromiss gesorgt, doch waren die calvinistischen Teile des Reiches dabei nicht berücksichtigt worden. Die Kurpfalz entwickelte sich zu einem bedeutenden Zentrum dieser reformierten Glaubensrichtung. Damit stellte sie aber auch eine Bedrohung für die kleinen katholischen Hochstifte Worms und Speyer dar. Um 1600 spitzte sich die Lage im Reich immer weiter zu. Mit der der protestantischen Union von 1608 und der katholischen Liga als Gegenstück formierten sich die Reichsstände der verschiedenen Konfessionen wieder für einen bewaffneten Konflikt. Kurfürst Friedrich IV. beschloss die recht junge aber sehr prosperierende Stadt Frankenthal zu einem Zentrum seines linksrheinischen Territoriums zu machen – es entstand die damals stärkste Festung am Oberrhein.

Friedrich V. setzte den Ausbau fort. Seine Heirat mit Elisabeth Stuart, der Tochter des englischen Königs Jakob I., deutete seine Ambitionen bereits früh an. Als sich die Gelegenheit bot, griff er dann auch gegen den Rat vieler 1618 nach der böhmischen Königskrone und ging so als glückloser „Winterkönig“ in die Geschichte ein. Die Habsburger besiegten in 1620 in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag.

Die spanischen Habsburger kamen der österreichischen Linie zu Hilfe und bereits 1621 belagerten spanische Truppen Frankenthal und beschossen sie intensiv, wurden aber von protestantischen Entsatztruppen vertrieben. 1622 kam es zu einer erneuten Belagerung durch Truppen der Liga unter Tilly. Die Not in der Stadt war groß. Im November brach Tilly die Belagerung ab. Außer Frankenthal war aber die gesamte Kurpfalz von der Liga erobert.

1623 kam die Stadt durch diplomatische Verhandlungen unter spanische Kontrolle. Der englische König Jakob hatte gehofft, dass dies den angedachten Witwensitz seiner Tochter retten und hilfreich für eine Aussöhnung zwischen seinem Schwiegersohn Friedrich und dem Kaiser wäre. Die Spanier blieben zehn Jahre statt der angedachten 18 Monate und plünderten die Stadt aus.

1631 kamen die Schweden unter Gustav Adolph in die Pfalz. Schwedische und pfälzische Truppen belagerten Frankenthal. 1632 kapitulierte die spanische Garnison. Die Frankenthaler empfingen die Schweden als Befreier, doch entwickelte sich deren Besatzung als noch schlimmer als die bereits kaum erträgliche spanische. 1634 mussten die Schweden sich nach Niederlagen auf den Schlachtfeldern aus Frankenthal zurückziehen und taten dies plündernd und mordbrennend. Die bereits völlig verarmte Bevölkerung wurde schwer misshandelt.

Auf die Schweden folgten kaiserliche Truppen, zu denen auch neapolitanische und kroatische Einheiten gehörten. 1635 trat Frankreich in den Krieg ein. Eine französische Besatzung kam in die Stadt und wurde bald darauf wieder von kaiserlichen Truppen blockiert. Die Not der bereits völlig verarmten und ausgeplünderten Bevölkerung stieg ins Unermessliche.

Die Franzosen übergaben dann die Stadt an die Kaiserlichen, die diese an die Spanier weitergaben, die nun noch brutaler die Bevölkerung ausplünderten. Auch kam es in der Folge nochmals zu französischen Versuchen die Stadt erneut zu erobern.

Die spanische Garnison sollte aber bis 1652 in Frankenthal bleiben – vier Jahre zuvor, 1648 hatte der der Westfälische Frieden den Dreißigjährigen Krieg beendet.

 

1612 hatte Frankenthal 1800 Einwohner gezählt und war ein Ort blühenden wirtschaftlichen Lebens. Bereits 1634 waren es nur noch 324. Die Stadt und das Umland waren völlig verwüstet und die Menschen ihres Besitzes und ihrer Lebensgrundlage beraubt. Wenn auch die Stadt während des langen Krieges nicht direkt zerstört worden war, so war sie doch durch die Auswirkungen des Krieges, die immer wieder und anhaltend über die Menschen gekommen waren in ihrer Substanz vernichtet.

 

Dieses Schicksal teilte Frankenthal mit so vielen Orten in dieser Zeit, dass die Bedeutung des Dreißigjährigen Krieges für die Entwicklung Deutschlands gar nicht überschätzt werden kann. Weswegen hier auch auf ein Gedicht der Zeit verwiesen werden soll, dass diese Schrecken in ihrer Gesamtheit besser zum Ausdruck bringt als eine lokalgeschichtliche Quelle:

Tränen des Vaterlandes – Gedicht von Andreas Gryphius

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr den ganz verheeret!

Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun

Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun

Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat auf gezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch’ ist umgekehret.

Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,

Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun,

Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.

Hier durch die Schanz und Stadt, rinnt allzeit frisches Blut.

Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut,

Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen,

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,

Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,

Dass nun der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg, 1688 – 1697, wurde die Stadt 1689 von den Franzosen fast vollständig zerstört. König Ludwig XIV. von Frankreich versuchte unter dem Vorwand der Durchsetzung vermeintlicher Erbansprüche seine Machtposition in Europa auszubauen. Nicht nur die Pfalz wurde schwer verheert. Der Stadtrat von Frankenthal flüchtete nach Hanau und kehrte erst 1697 zurück.

 

Aus dem Tagebuch eines Frankenthaler Bürger:

„Am 24.9.1688 rückten die Truppen des französischen Königs Ludwig XIV ohne Kriegserklärung bei Zweibrücken in die Pfalz ein. Bereits Anfang November standen französische Truppen vor Mannheim.

Am 10. November kapitulierte Mannheim, am 12. Die dabei gelegene Friedrichsburg. Auch Frankenthal sollte jetzt nicht länger den Feinden vorenthalten bleiben. Nur eine Besatzung von vierhundert Mann lag unter dem Kommando des Grafen Wittgenstein in unserer Stadt. Auf die Unterstützung der Bürgerschaft konnte der Befehlshaber nicht rechnen. Die Bewohner waren nicht mehr so zahlreich, aber auch nicht mehr so opferfreudig wie in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges, wo man an Hingabe und Tapferkeit mit den Truppen wetteiferte. Dazu fehlte es an Geld, Geschützen und den notwendigsten Nahrungsmitteln. Auch hatte man unter dem verstorbenen Kurfürsten Karl vergessen für die Instandhaltung der Wälle Sorge zu tragen. (…) Angst und Verzweiflung lähmten jede Gegenwehr. Unmöglich konnte man dem Ansturm der Feinde trotzen, jeder Entsatz war ausgeschlossen. Nur noch die Gnade des Feindes glaubten die Bürger erhoffen zu dürfen und verlangten, dass man die Feste sofort übergebe. (…)“

Graf Wittgenstein lehnt die Übergabe ab. Die französische Armee bringt am 17. November ihre Kanonen gegen das Speyrer Tor in Stellung. Am 18. November beginnt im Beisein des Kronprinzen Ludwig von Frankreich und des berühmten Festungsbauers Vauban mit der Beschießung der Stadt und Festung Frankenthal.

„Zunächst flogen kalte Bomben in die Feste und zerschmetterten mehrere Gebäude. Glühende Kugeln folgten; bald loderten inmitten der Stadt Flammen empor. Ein starker Wind erhob sich und entfachte eine mächtige Feuersbrunst. Die niederländische und französische Kirche, das Rathaus, die Schulen, der Kreuzgang und sechzig Bürgerhäuser gingen in den Flamen unter. (…)

Hilf- und ratlos irrten die Bewohner auf den Straßen einher. Viele verbargen sich in den sich in den Kellern oder verkrochen sich unter andere Gewölbe. Sie wurden verschüttet. Wie viele Einwohner in jenen Tagen umgekommen sind, wer vermochte dies festzustellen?“

„Düster (…) gestaltete sich das Schicksal der eroberten Stadt. Bereits am Sonntag, dem 21. November (1688) war sie drei Stunden lang geplündert. Der französische Kronprinz war unterdessen wieder nach Versailles zurückgegangen, wo er mit unendlichem Jubel begrüßt wurde.“

Trotz großer Geldzahlungen an den französischen Befehlshaber den Herzog von Duras und vertraglicher Zusicherungen wird auch Frankenthal Ziel der systematischen Vernichtungspolitik der französischen Krone, die als „Brulez le Palatinate“ – „Verbrennt die Pfalz“ bekannt geworden ist.

„Schon in der Nacht vom 5. Zum 6. März (1689) hatte man gesehen, wie die Flamen in dem jenseits des Rheins gelegenen Mannheim zum Himmel aufstiegen, auch den Donner gehört, als dort Kirchen und andere Gebäude durch Minen in die Luft gesprengt wurden, und am Pfingstdienstag dem 31. Mai, als die Sonne im Westen Abschied nahm, zeigte sich im Norden und Süden heller Flammenschein. Mordbrenner des allerchristlichen Königs hatten um diese Zeit in Worms und Speyer die Brandfackel geschwungen und beide Städte uralter Kultur dem Untergang geweiht. Auch die meisten Dörfer der Umgebung waren nur noch rauchende Trümmerhaufen. (…)

…nach des französischen Kriegsminister Louvois teuflischem Plane sollten die Gegner hier nur noch eine Wüste finden (…).

Für das alte Frankenthal war die Stunde des Untergangs gekommen. (…)

Alle Fürbitten, alles Jammern war vergebens. Man berief sich auf das von dem Heerführer gegebene Versprechen, verwies auf die Brandschatzung (4000 Gulden) welche die Stadt aufgebracht. Umsonst! (…)

Man wusste kaum die zahlreichen Kranken, welche in den Spitälern und Bürgerhäusern lagen, fortzubringen. Hab und Gut musste nahezu vollständig zurückgelassen werden. Am 25. September morgens gegen 8 Uhr kam eine Abteilung Soldaten (…) aus dem Regiment Villeroy in die entvölkerte Stadt. Bald loderten daselbst die Flammen empor und von der hohen Brücke aus, die zwischen Mörsch und Roxheim über den alten Kanal führte, mussten die unglücklichen Frankenthaler mit ansehen, wie die ehedem blühende Stadt in Schutt und Trümmer sank.“

In den Revolutionskriegen versuchte Frankreich seine Grenzen an den Rhein hin auszudehnen und auch über die neuen Grenzen der jungen Republik hinaus die Idee der Revolution zu verbreiten. Im Zuge der Kampfhandlungen kam es 1794 zur Eroberung und teilweisen Zerstörung der Stadt. Dies setzte sich im folgenden Jahr weiter fort. 1798 bis 1814 verblieb die Stadt unter französischer Verwaltung.

 

Zu Beginn wechselte das Kriegsglück. Mal lagen in Frankenthal preußische Truppen, mal waren es Österreicher, mal wurde die Stadt von französischen Einheiten besetzt. Die französischen Armeen wurden ab Sommer 1793 durch die levée en masse – eine frühe Form der allgemeinen Wehrpflicht – erheblich verstärkt, litten jedoch unter massiven Versorgungsproblemen, so dass es zur „Ausleerung“ der Pfalz kam – einer planmäßigen Plünderung. Manche Quellen sprechen davon, dass im Plünderwinter 1793/94 fast zwei Drittel der Pfälzer über den Rhein geflohen seien.

In einem Schreiben des französischen Generals Leval an die Frankenthaler heißt es, dass die Bürger dort

„feige und verräterische Menschen“

…seien, die man durch Jammer und Elend züchtigen könne und die ihre

„…feige Freiheitsliebe und heuchlerische Freundschaft gegen Frankreichs Konstitution durch Armut und Entbehrung einer reichen Lebensart abbüßen…“

müssten.

Aus Frankenthal schreibt er an den Nationalkonvent in Paris:

„Wir schleppen alles, 49 Meilen im Umkreis, in unser Land. Mehr als 10.000 Wagen sind mit Früchten, Eisen, Kupfer, Blei und Millionen an barem Gelde beladen; kurz: wir lassen den Rheinländern nichts übrig als die Augen, ihr Unglück zu beweinen.“

1795 schied Preußen aus dem Krieg gegen Frankreich aus und 1797 gaben die Österreicher das linke Rheinufer aus. Für Frankenthal begann die erste sogenannte „Franzosenzeit“. Trotz aller Schwierigkeiten und Nöte dieser Zeit, konnten die Truppen des revolutionären Frankreichs jedoch auch auf Zuspruch bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung hoffen. Erhoffte man sich neue Freiheiten und ein Ende der spätabsolutistischen Herrschaft. So schrieb der junge Fichte im Mai 1794:

„In Frankenthal lagen eben, als ich vorbeireiste, die Franzosen und Preußen einander in den Haaren. Die Stimmung der Einwohner, deren Länder durch die Franzosen verwüstet sind, ist dennoch sehr zu ihrem Vorteil. Der gemeine Mann liebt sie, und wer nichts hat, den ernähren sie; nur die privilegierten Stände sind wütend gegen sie.“

Der berühmte Philosoph Fichte selbst wandelte sich später von einem Anhänger der Revolution unter dem Eindruck des Terrors der Jakobiner und der Alleinherrschaft Napoleon zu einem Kritiker und Vertreter des entstehenden deutschen Nationalbewusstseins.

Die Pfälzer, die nach der Franzosenzeit, dann im linksrheinischen Gebiet Teil des Königreichs Bayern wurden, konnten aber einige der fortschrittlichen Gesetze und Ideen bewahren, die mit der französischen Revolution etabliert worden waren. So war es auch kein Zufall, dass mit dem Hambacher Fest 1832 eines der wichtigsten Ereignisse des deutschen Strebens nach Freiheit, Verfassungsstaat und Nation in der Vormärzzeit eben in der Pfalz stattfand.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Frankenthal mehrfach von Bombenangriffen getroffen, die zumeist Ludwigshafen und Mannheim als eigentliches Ziel hatten. Im September 1943 erfolgte dann ein großer Luftangriff direkt auf Frankenthal, der die Stadt in großen Teilen zerstörte. 1944 erfolgte ein weiterer schwerer Luftangriff.

 

1933 waren die Nationalsozialisten unter Hitler an die Macht gekommen. Die junge Demokratie der Weimarer Zeit wurde endgültig zerstört und durch eine brutale Diktatur ersetzt. Hitlers aggressive Expansionspläne wurden lange Zeit von den anderen Staaten unterschätzt. 1939 überfielen Nazideutschland und die Sowjetunion Polen – der Zweite Weltkrieg hatten nun auch in Europa begonnen, nachdem bereits seit 1937 Japan in China Krieg führte.

Frankenthal war vor allem durch die Nähe zur BASF in Ludwigshafen und Mannheim ein Ziel für Bombenangriffe. Im September 1943 kam es zu einem Großangriff der vor allem Frankenthal traf – die eigentlich angedachten Industrieziele in Nordludwigshafen wurden dabei weitgehend verfehlt. 615 schwere Bomber warfen 40 Minuten lang 175 Tonnen Spreng- und Brandbomben über Frankenthal ab.

Ein früher Treffer auf das Edigheimer Wasserwerk machte Löschversuche weitgehend unmöglich. Die Stadt wurde in weiten Teilen zerstört. Die Zahl der Toten blieb jedoch durch die Luftschutzvorbereitungen relativ gering: 38 Menschen wurden getötet, 316 verletzt – jedoch waren von rund 27.000 Bewohnern fast 15.000 obdachlos geworden.

 

Schwester Romana Schmeltzer, damals Lehrerin im Frankenthaler Kinderhaus berichtet vom 23. September 1943:

„Wie jeden Tag trugen wir an diesem Abend schon rechtzeitig unsere Ranzen in den Luftschutzkeller. Jedes Kind hatte auch stets ein Buch im Ranzen zum Lesen. Gegen 11 Uhr abends überflogen feindliche Flieger unsere Stadt. Es gab Fliegeralarm und wir eilten mit den Kindern in den Keller. Bald krachte es an allen Ecken und Enden. Wir konnten den Keller nicht mehr verlassen. Nach einer kurzen Pause ging Schwester Manuela in den Hof. Sie schrie laut auf und rief uns. Das Krankenzimmer brannte lichterloh. Wir verließen schnell mit den Kindern den Keller und liefen auf die Straße. Die Häuser in der Karl-Theodor-Straße brannten. Aus den Fenstern des Schulsaales schlugen die Flammen heraus. Schnell sammelten wir unsere Kinder. Wohin sollten wir gehen? Wo konnten wir mit 43 Kindern unterkommen? (…)

Wir hatten nicht nur unsere Schulkinder bei uns, sondern auch einige drei- bis fünfjährige. Wohin wir schauten, überall Feuer, Feuer, Feuer! Unvergesslich bleibt mir, wie unser kleiner Roland sagte: ‚Gelt, Romana, Christkind backt Gutsel.‘ Und dann sagte der kleine Walterle: ‚Guck mal Schwester, wie schön der Kirchturm brennt.‘ Ich konnte nicht mehr sprechen, ich starrte nur auf den Boden. (…)

Alle Augenblicke schrien die Kinder: ‚Schwester, mein Schuh brennt.‘ Auf der Flucht durch die Straßen Frankenthals waren wir durch glühenden Phosphor gelaufen. Der Phosphor klebte den Kindern an den Sohlen und begann jetzt zu brennen. (…)

In der Frühe verlangten die Kinder nach Kaffee und Brot. Wir hatten nichts. Da lief Schwester Angelina mit zwei Mädchen nach Mörsch. Sie brachten 2 Laib Brot. Was war das für 43 Kinder?  (…)

Müde und hungrig zogen wir in die Stadt zurück. Es wurde durch Lautsprecher verkündet, dass in den Wirtschaften Suppe ausgeteilt würde. Als wir darum baten, hieß es, es sei nichts mehr da.“ (…)

Am Tag nach dem Luftangriff beantwortete der Obst- und Gemüsehändler Georg Jugenheimer dem Heil-Hitler-Gruß des Eppsteiner Bürgermeisters Stauffer mit:

„Ihr habt ausgehitlert! Mit Eurer Macht ist es bald vorbei, seht Euch nur die Trümmer an!“

Jugenheimer erhielt für diese Äußerung zehn Tage Haft.

 

Ab Dezember 1943 kamen zu den Nachtangriffen der Briten Tagesangriffe der US-Luftwaffe hinzu. Im Januar 1944 wurde dabei Frankenthal in größerem Umfang getroffen.

Mit dem Heranrücken der alliierten Bodentruppen im Frühjahr 1945 kam es auch zunehmend zu Jagdbomberangriffen bei denen auch mehrfach Frankenthal getroffen wurde.

Am 21. März 1945 zogen sich die letzten deutschen Soldaten aus Frankenthal zurück und Truppen der 94. US-Division rückten nach – Frankenthal war von der nationalsozialistischen Diktatur befreit!

Ohne den militärischen Sieg der westlichen Demokratien hätte in Deutschland keine freiheitlich-demokratische Grundordnung entwickelt werden können, keine soziale Marktwirtschaft und der Weg in ein in Frieden, Freiheit und Demokratie geeintes Europa wäre auch so nicht möglich gewesen.

An dem Projekt „Frankenthaler Friedensbaum“ waren, bezeichnet nach dem Stand im  Abschlussjahr des Projektes, die Schüler der 10d, die Schüler des Geschichte Leistungskurses Abitur 2025 sowie Schüler aus der Jahrgangsstufe 12 und 7 beteiligt. Die betreuenden Lehrkräfte waren Lars Beißwenger, Sigrid Nölte und Kyra Schilling.